Hingeguckt #006 – Siebenhundert müssen es schon.

Und zwar Kerzen auf der Geburtstagstorte, wenn man Steinheims Stadtgeburtstag in diesem Jahr feiert. Am 4. Dezember 1330 gewährte nämlich König Ludwig der Bayer, von Gottes Gnaden römischer König, allezeit Mehrer des Reiches, „dem eteln Mann Gottfriden von Eppstein“, seinem „lieben getruwen“, die Gunst, aus seinem Dorf Steinheim am Main eine Stadt, die sich gleicher Rechte wie die königliche Stadt Frankfurt erfreuen soll, zu machen. Die Stadtrechtsverleihungen waren für den bei der Kirche äußerst unbeliebten König und späteren Kaiser die preisgünstigste Methode sich für geleistete Dienste erkenntlich zu zeigen. Meist wurde aus den Dörfern, die durch die Gunst dieses Königs ein Upgrade zur Stadt erfuhren, selten mehr als ummauerte Dörfer. Eine richtige Stadt ist der Ort auf dem Stein, der einen pensionierten Vulkan bezeichnet, dessen basaltene Hinterlassenschaften überall gegenwärtig sind, auch nie geworden. Die Eppsteiner Herren ummauerten fleißig ihr „neues“ Städtchen und nutzen die strategisch günstige Lage an einem scharfen Knick des Mainlaufs, um eine Burg zu errichten, von der aus man ab 1358 den Mainschiffern eine Zollabgabe zur Erhaltung eines angemessenen Lebensstandards abverlangen durfte. Leider ließen sich Repräsentationsansprüche, politische Ambitionen und Einnahmen nicht in harmonischen Ausgleich bringen und so musste ein weiterer Eppsteiner Gottfried, mittlerweile schon der Achte, Burg, Stadt und Amt Steinheim an den Mainzer Erzbischof verkaufen. Von da an war Steinheim ein kleiner regionaler Mittelpunkt und ein wichtiger Stützpunkt der Mainzer Erzbischöfe gegen die immer mächtiger werdenden Grafen von Hanau, deren Wasserburg bei gutem Wetter vom Bergfried aus zu sehen war. Vermutlich ließen die Erzbischöfe kurz nach dem Erwerb von Steinheim hier einen älteren Turm um- und ausbauen und schufen damit einen der charaktervollsten Wehrtürme der Gotik im Rhein-Main-Gebiet, vergleichbar mit dem Adolfsturm der Reichsburg Friedberg oder dem Eschenheimer Turm in Frankfurt. Er ist bis heute zur Gänze im Originalzustand erhalten. Leider hatte der eigentlich Burg- bzw. Schlossbau nicht so viel Glück – sein malerisches Fachwerkgeschoss mit reicher Dachlandschaft fiel kurz vor 1800 dem klassizistischen Zeitgeschmack, der eine inbrünstige Abneigung gegen bewegte Dachsilhouetten kultivierte, zum Opfer. Kurz nach 1800 fiel dann der Mainzer Kurstaat dem politischen Zeitgeschmack zum Opfer und das Steinheimer Schloss verlor jegliche staatliche Bedeutung. Zum Glück fand wenigstens der Bergfried einen neuen Job: als Aussichtsturm.