Hingeguckt #008 – Drei Ringe für den Frieden
Mitten im Ersten Weltkrieg hatte die Vorsitzende des Katholischen Frauenbundes Deutschlands, Hedwig Dransfeld, angesichts des millionenfachen gegenseitigen Abschlachtens abendländisch-christlicher Soldaten eine Idee: „Die katholischen deutschen Frauen müssten eine Kirche bauen, ein großes, monumentales Bauwerk, das unserm Schicksal entspricht. Ein immerwährendes Anbetungs-, Dank- und Bittgebet müsste zum Himmel aufsteigen zum Gedächtnis der toten Helden, zur stillen Gebetssammlung für alle, die den Frieden erflehen wollen.“ Außerdem sollte diese Kirche „ein Votivmal der Friedensgesinnung sein: gleichsam ein steingewordenes Friedensgebet, das einen starken, dauernden Frieden für unser deutsches Vaterland erfleht und das feierliche Gelöbnis der deutschen Katholikinnen darstellt, am geistigen Friedensbau in Europa für sich selbst und ihre Kinder mitzuwirken.“ Die Standortwahl fiel damals überraschenderweise auf den Frankfurter Stadtteil Bockenheim.
Beim Schaulaufen der Entwürfe aus 157 Baubüros obsiegte in der Kür der Entwurf des berühmten Kirchenbaumeisters Dominikus Böhm und seines Kollegen Rudolf Schwarz. In der Pflicht hatte allerdings der Plan Hans Herkommer die Nase vorn, obwohl er „nur“ zum Ankauf vorgeschlagen worden war und es somit nicht auf’s Siegertreppchen geschafft hatte. Böhms sehr expressiver Entwurf war nach Meinung einiger Kirchenoberen zu modern. Man müsse daran denken, dass die Kirche nur mit Spendenmitteln finanziert werden soll und unter den Spenderinnen seien auch viele einfache, traditionell gesinnte Frauen, die sich in einem forciert modernen Bau möglicherweise nicht zuhause fühlen könnten. Herkommers Entwurf hatte den großen Vorzug, den Geschmack der Traditionalisten mit einer neuen Strömung in der katholischen Liturgie und Theologie, der Idee der Christozentrität, in einem Raumbild zu versöhnen. Den Höhepunkt dieses Kirchenraums bildet der erhabene Altarbereich im Chor, der den Eindruck erweckt, man könne beinahe in das Reich Gottes emporsteigen. Auf diese eigenständige Raumschöpfung für die gefühlte Gegenwart Gottes, führt ein traditioneller Langbau in eigenwilliger Farb- und Lichtregie hin – Sinnbild des Gottesvolkes, dass auf das Reich seines Herrn zustrebt. Diese ungewöhnliche Kirche konnte erst lange nach dem Tod ihrer Initiatorin endlich im Jahr 1929 geweiht werden und wurde vor allem auch in ihrer ausgefeilten Lichtregie als Meilenstein des modernen katholischen Kirchenbaus wahrgenommen.
Nach mehr als zwei Jahren Restaurierungsarbeiten, bei denen nicht nur die besorgniserregenden statischen Probleme behoben worden sind, erstrahlt die Frauenfriedenskirche nun wieder in ihrer ursprünglichen Farbigkeit. Unterstützt durch modernste Lichttechnik ist so wieder einer der schönsten Frankfurter Sakralräume zu erleben. Und wer aufmerksam den Bau erkundet, wird auch die drei farbigen Ringe entdecken, die den dreifaltigen Gott symbolisieren. Wer sie nicht findet, nimmt am besten an unserer Führung am 6. März teil.
Bildquellen: ® Thomas Huth